Fiona
Fiona Bennett, Hut-Designerin – eine Geschichte aus Berlin
Fiona Bennett ist die erfolgreichste und auch die außergewöhnlichste Hutmacherin Deutschlands. Ihre Hüte zierten das Cover der Vogue, alle großen Modemagazine veredeln Fotostrecken mit ihren Kreationen, Prominente weltweit tragen Bennetts Modelle. Ihre Visionen kennen keine Grenzen, sie ersinnt Kostüme für Theater und Film, erschafft Skulpturen, gestaltet Räume und ist als erfolgreiche Unternehmerin Mitglied des „International Women’s Forum“. In Fiona Bennetts unbeirrbarem Weg spiegelt sich die Geschichte ihrer Stadt.
Als Fiona Bennett ihre Ausbildung zur Modistin machte, war Berlin noch durch eine Mauer geteilt. Sie hat, 1966 in Brighton geboren, einen Großteil ihres Lebens hier verbracht. Ein Kind dieser seltsamen Insel Westberlin, die die Freiheit wie zum Trotz gegen alle bestehenden Verhältnisse lebte wie kaum ein anderer Ort jener Zeit. Die Mauer fiel, es öffneten sich nie gekannte Räume, es galt eine neue Stadt zu erobern, und die Kreativen waren wie immer vorne dran. Fiona Bennett bezog eine alte Seifenfabrik im früheren Ostbezirk Mitte und erschuf dort ihren eigenen Kosmos. Hüte, die immer mehr als Dekor waren, tragbare Kunststücke, die wie der Anfang einer Erzählung sind, die Stimmungen schaffen und die Welt ein Stück schöner machen. Ihr Atelier war in einem staubigen Hinterhof – es sollte kein Versteck sein, Künstler und viele andere mit wilden Ideen trafen sich dort. Vivienne Westwood war dabei, sie holte die Designerin als Lehrbeauftragte an die Hochschule der Künste.
Die Hinterhöfe der Stadt wurden nach und nach frisch verputzt, die Berliner Mitte zeigte ein neues Gesicht. Fiona Bennett eröffnete 1999 ihren ersten Laden, das Schaufenster ein zartes Geheimnis. Dahinter schwebten die Hüte wie Traumbilder in der Wand. Galerien zogen in die Gegend, handverlesene Boutiquen, umschwärmte Restaurants – der Eigensinn Berlins hatte sich einen Hauch von Glamour zugelegt. Bei Fiona Bennetts Laden schauten alle vorbei, um in schwarz-weiß-gestreiften Hutkartons einzigartige Kreationen heimzutragen: Christina Aguilera, Katie Holmes, Brad Pitt, Veruschka… Der deutsche Adel hatte ihre Schöpfungen da bereits schon lange entdeckt, um auf Hochzeiten und anderen gesellschaftlichen Anlässen gut behütet zu sein.
Als das kleine, feine Viertel zum Massenhype verkam, war die Zeit der guten Geheimnisse vorbei. Der Laden in Berlin Mitte schloss, dort übernahm die Fließbandware das Geschäft. Seit 2011 allerdings gibt es auch in Berlin wieder eine Bühne für das gesamte Universum der Designerin. Zusammen mit ihrem Partner Hans- Joachim Böhme hat sie einer Verkehrsader, die ganz andere Geschichten kennt, einen neuen Ausblick verschafft. Die Potsdamer Straße, Nord-Süd-Achse mit echtem Berliner Flair: Alt eingesessene türkische Supermärkte, Sex-Shops, Imbiss-Buden. Aber auch: Neu erwachter Kunst-Boulevard mit echten Spannungsbögen.
Mittendrin: Fiona Bennetts Laden. Große Panoramascheiben, eine Einladung. In einem Fenster wird gearbeitet, damit jeder erfahren kann, was hinter den wundervollen Kreationen steckt. Und wie wichtig der Designerin das Handwerk ist, dem ihr Ausbildungsbetrieb eine Zukunft gibt. In einem Show-Atelier fertigen Hutmacherinnen Blumen, Schleifen, Zauber, der die Hüte ziert. Jedes Dekor ist handgemacht. Und das Gesamtwerk lebt vom Experiment. Artfremde Techniken, ungewöhnliche Materialien, selbst entworfene Muster und Stoffe. Jede Kollektion ist auch für Fiona Bennett eine Reise in unbekanntes Terrain. Sie hat schon Origami-Figuren aus Seide gefaltet oder Cowboy-Hüte aus Sinamay geformt. Sie veredelt klassische Formen mit ihrem eigenen Charme, nimmt dem Herrenhut die Strenge und dem großen Auftritt die pompöse Schwere. Sie hat die Kopfbedeckung entstaubt, mit Leichtigkeit und spielerischer Freude. Und dennoch bewahren ihre Kreationen die Würde und den natürlichen Stolz, der wahre Schönheit begleitet. Sie sind keine Verkleidung, sondern kleiden. Jeden, der klug genug ist, einen Hut von Fiona Bennett zu tragen.
In Bennetts eigenem Kopf reifen noch viele andere Ideen, beflügelt von einem freien Geist, der keine Kategorien braucht. Ihren Hut-Kreationen war schon immer eine skulpturale Kraft zu eigen. Surreal, tiefsinnig und leicht zugleich. Sie hat sie wachsen lassen zu Kunstobjekten, ihre Hut-Skulptur „Nosedive“ war 2016 Teil der Ausstellung „Surrealism & Beyond“ im Museum Boljmans van Beuningen in Rotterdam. Mit „Nosedive II“ hat sie in einer Gruppenschau des temporären Berliner Kunstraums „Kornversuchsspeicher“ eine bildmächtige Installation geschaffen. Mehrere Meter groß versank ein Paradiesvogelkörper in einem zerbrochenen Spiegel, in den Splittern trafen sich die Reflexionen von Umgebung und Betrachter.
Der Sinn für das Schöne, der Wille zum Ausdruck, er findet bei Fiona Bennett stets neue Felder, verlangt nach Raum. 2017 eröffnete im Berliner Varietétheater „Wintergarten“ der erste Interior-Traum von Fiona Bennett und ihrem Partner Hans-Joachim Böhme. Auf 270 Quadratmetern haben die Beiden die Waschräume neu erfunden, lassen tonnenweise Mosaiksteine strahlen, schwebende Glaskugeln schillern und Federn im Wind die Spiegelbilder der Besucher verzieren. Stille Örtlichkeiten als furioses, betörendes Gesamtkunstwerk, von Architectural Digest umgehend geadelt als „Wunderland“.
2019 wird in einem ehemaligen Wirtschaftsgebäude des Schloss Mühlheim das „SEIN am Schloss“ eröffnen. Fiona Bennett war Kreativdirektorin des Um- und Ausbauprojektes von Schlossherrin Annette von Enzberg-Pieper. Ein Ort der Begegnung soll es werden, eine Oase der natürlichen Gesundheit für Yoga, Pilates, Massagen, ein Zentrum für Querdenker der Medizin und Philosophie. Mit der gestalterischen Handschrift einer unverwechselbaren, einzigartigen Ideensprüherin, die keinen Stillstand kennt. Weil es für sie nichts Spannenderes gibt, als Materialien immer wieder in eine neue Form zu bringen. Sei es für einen Hut oder eine ganze Welt.
zur ausführlichen Vita hier entlang: https://fionabennett.de/vita